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Die Lahrer „Rundhochhäuser“ wurden 1960/62 für die französischen NATO Truppen gebaut und nach dem Wechsel der Garnison bis 1994 von Angehörigen der kanadischen Streitkräfte bewohnt. Die Architekten Hans-Walter Henrich und Klaus Humpert schufen mit den Gebäuden markante Beispiele klassisch moderner Architektur, die weltweit Aufmerksamkeit erregten. Auch die benachbarten Zeilenbauten wurden von den Kanadiern genutzt.
Erst nach dem Abzug der Kanadier wurde die Straße „Im Glockengumpen” in „Kanadaring“ umbenannt.
Der heutige Kanadaring liegt in Dinglingen, auf dem Gewann „Glockengumpen“. Warum dieses Flurstück so heißt, ist bis heute ungeklärt; vieles deutet auf eine ältere Verballhornung hin. Das Gelände blieb lange unbebaut, wenngleich seit den 1810er-Jahren Bebauungspläne zirkulierten. 1936 bot Oberbürgermeister Karl Winter das Areal der Wehrmacht für eine neue Kaserne an; entschieden wurde jedoch für das Gewann „Elend“. Der Glockengumpen blieb bis in die 1950er-Jahre weitgehend frei.
Mit der Gründung der Bundeswehr 1955 mussten die französischen Streitkräfte in Westdeutschland schrittweise Liegenschaften und requirierte Wohnungen freigeben, damit die Bundeswehr eigene Unterkünfte und die Kommunen ihren Wohnraum zurückerhielten. Gegenleistung der Bundesrepublik: ein Ersatzbauprogramm an weiterbestehenden französischen Standorten. Bereits im Mai 1955 begann in Lahr die Rückgabe und im Gegenzug forderte die französische Militärverwaltung 132 Ersatzwohnungen. Der Glockengumpen bot sich an: stadtnah, außerhalb der Kernstadt und in unmittelbarer Nähe zum Flugplatz. Damit wurde das seit langem brachliegendem Areal zur Reservefläche für ein groß dimensioniertes Wohnprojekt.
Die älteren Bebauungspläne reichten für den Bedarf nicht aus; Verdichtung war zwingend. Die Architekten Hans-Walter Henrich und Klaus Humpert legten einen unkonventionellen Entwurf vor: achtstöckige Stahlbetontürme mit fünfeckigem Grundriss, deren Geschosse jeweils um ca. 35° gegeneinander verdreht sind – viel Wohnraum auf kleiner Grundfläche, mit markanter Silhouette. Das Konzept polarisierte, wurde aber genehmigt. Bevor die ersten Bewohner einzogen, besichtigten rund 40.000 Menschen die Neubauten. Streng genommen sind die Gebäude übrigens keine Hochhäuser. Durch die Begrenzung auf acht Geschosse und eine Höhe von 24,5 m konnten zusätzliche Bauvorschriften für Hochhäuser (wie z.B. ein zweites Treppenhaus) umgangen und Kosten gespart werden.
Als im März 1967 die ersten kanadischen Soldaten nach Lahr verlegt wurden, waren die Rundhochhäuser zunächst noch belegt – Wohnraum war knapp. Schrittweise zogen frühere Nutzer aus, die Kanadier übernahmen. Eigentümer blieb der Bund, der die Gebäude der kanadischen Garnison unentgeltlich überließ; im Gegenzug trug diese die Unterhaltung. Die Wohnungen wurden als Private Married Quarters (PMQ) geführt und durften nur von Soldaten mit Familie bezogen werden. Mit dem Abzug der Kanadier leerten sich die Quartiere wieder nach und nach. Das Inventar wurde dann auf dem Flugplatz an die Bevölkerung verkauft.
Der Name „Glockengumpen“ war für viele – Kanadier wie Deutsche – schwer auszusprechen. Die Umbenennung erfolgte 1993 als bewusste Erinnerung an die kanadische Präsenz: seither Kanadaring. In den frühen 1990er-Jahren zogen zahlreiche Zuwander:innen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion in die freigewordenen Wohnungen; zeitweise galt das Quartier als sozialer Brennpunkt. Heute ist der Kanadaring ein Erinnerungsort im doppelten Sinne: Ein städtebauliches Experiment der frühen 1960er-Jahre und als Ort kanadischer Prägung Lahrs im Kalten Krieg.
Während meiner Zeit in Lahr erweiterten wir unsere Kräfte – was bemerkenswert war, da andere Nationen gleichzeitig reduzierten. Es ging nicht darum, neue Einheiten aufzustellen, sondern vorhandenes Gerät mit mehr Personal zu besetzen. Die größte Herausforderung war der Wohnraum. Schon damals lebten mehr Kanadier in Lahr, als die Stadt aufnehmen konnte. Über zwanzig Jahre hinweg führte das dazu, dass auch die umliegenden Gemeinden stark wuchsen. Nach meiner Erinnerung stellten Kanadier dort zeitweise rund 25 Prozent der Bevölkerung. Für jeden der zusätzlichen hundert oder zweihundert Menschen mussten Unterkünfte im Umland gefunden werden – eine Daueraufgabe. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir klären: Wo bringen wir diese Leute unter, wo sollen ihre Familien leben? Es gab verschiedene Lösungen – Soldaten vorübergehend ohne Familie zu entsenden, den 25-Kilometer-Radius um die Basis zu überschreiten und längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen. In Kanada sind solche Pendelstrecken ohnehin üblich. Mit der Autobahn und der vorhandenen Infrastruktur war das letztlich machbar. Außerdem fand sich fast immer ein leerstehender Teil eines Hauses, der vermietet werden konnte. So ließ sich die Situation am Ende doch bewältigen.
Als eine befreundete Familie zurück nach Kanada versetzt wurde, halfen wir beim Packen. Plötzlich war die sechsjährige Tochter verschwunden!
Der ganze Wohnblock suchte, schließlich wurde die Militärpolizei alarmiert. Gefunden wurde das Mädchen an der Haltestelle des kanadischen Schulbusses. Auf die Frage, was sie dort mache, antwortete sie ernst: „Es ist so langweilig zu Hause – ich warte schon mal auf den Bus nach Kanada.“ Ihre Eltern hatten ihr erklärt, Fliegen sei wie Busfahren – nur in der Luft. Leider hat man ihr nicht gesagt, dass der Bus in der Luft eine andere Haltestelle benötigt!
Wichtig für die Stadt und die Stadtgesellschaft ist, dass man diese Zeit kennt. Sie war prägend für Lahr – mit Vorteilen, die man hatte, aber auch mit Belastungen. Man darf das nicht verklären. Natürlich brachte die militärische Nutzung auch schwierige Implikationen mit sich. Man darf nicht vergessen: Es gab ein kanadisches Kino, zahlreiche Autohändler – die Kanadier hatten bekanntlich eine besondere Beziehung zu vierrädrigen Gefährten. Es gab Kasernenareale, die inzwischen zivil genutzt werden. Es gab Einkaufsmärkte, die CANNEX-Shops. Diese Infrastruktur hat das Verhältnis zwischen Kanadiern und Deutschen mitgeprägt. Es ging also nicht nur um militärische Konversion, sondern auch um soziale Konversion. Viele Wohnungen, die zuvor Kanadiern vorbehalten waren, wurden frei. Dort zogen Menschen mit deutschem Hintergrund ein, die aus Russland nach Lahr kamen – mit einer etwas anderen Lebensweise. Das stellte die Stadt vor neue Herausforderungen, insbesondere beim Thema Integration. Das war – und ist – ein Dauerthema, verbunden mit hohem personellem und finanziellem Aufwand. Aber ich glaube, es ist gut gelungen. Und auch hier gilt: Nicht nur Herausforderung, sondern auch Chance. Viele Menschen sind nach Lahr gekommen und stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Trotz aller aktuellen wirtschaftlichen Probleme darf man das nicht vergessen: Wir haben dadurch ein großes zusätzliches Arbeitskräftepotenzial gewonnen.